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Die Magie der bleibenden Dinge
Text von Mo Häusler, 2001

 
In eine Fläche Schatten eingraben, Linien ziehen, eine Form finden.
Das fasziniert mich heute noch ebenso wie als Kind.

Spuren zu hinterlassen.

Ich suche in den absichtslos gesetzten Linien, drehe das Bild, arbeite
weiter, bis sich die Thematik verdichtet. Aus Zufälligkeiten ergeben sich Inhalte.

In vielen Schichten nutze ich immer wieder die zuvor schon entstandenen 

malerischen Strukturen.

Manche Teile bleiben stehen, andere werden überarbeitet, ein Wechselspiel

aus Zerstören und Bewahren.

In der Vielfältigkeit meines Oeuvres scheint mir die Oberfläche der 
Schwerpunkt zu sein, zum Beispiel in der Beschaffenheit der Bildobjekte:

Über Knochen und Muskeln spannt sich die Form, die Haut ist die äußere Hülle,

die mehr zeigt als verdeckt. Die gelungene anatomische Konstruktion 

menschlicher und tierischer Leiber ergibt Kraftlinien von herrlicher Funktionalität,

eine Essenz des Körpers und der darin enthaltenen Spannungen.

Ebenso wichtig ist mir die Struktur der eingesetzten Materialien:
Besonders in den Objekten wird die haptische und visuelle Struktur zum 

wichtigsten Bestandteil. Gerade bei den Papierarbeiten ergänzt sich die

Oberflächentextur mit der hautigen Durchsichtigkeit der Objekte, je nach 

Lichteinfall ergeben sich andere Sichtbarkeiten.

Doch auch die Flächigkeit der Collagen ist durchzogen von Schnittlinien, 

die malerischen Werke zeigen Kratz- und Pinselspuren und selbst in den

filigraneren Zeichnungen ergibt das Überlagern der Linien Gitter und 

Überkreuzungen.

Mehr als "fertige" Bilder interessiert mich das Arbeiten selbst, das sinnliche 
Handanlegen. 

Es liegt ein großer Unterschied darin, ob ich mich der Umwelt in der direkten

Studie nähere oder anhand meiner Erinnerungen eigene Bildräume entwerfe. 

Dieser Unterschied ist vor allem gedanklicher Natur. In der Studie gleicht die 

Arbeit einem Hineinkriechen in den Gegenstand, in die Figur, die ich mir visuell 

einverleiben will. In der freien Arbeit beziehe ich mich lediglich auf diese 

Seherfahrungen, ich kann in Bildideen wühlen, ohne einer Realität zu genügen.

Erotik ergibt sich häufig als Nebenprodukt drastischer Formsuche, ist oft 

nicht Ziel, sondern Summe des Bildes. Ähnlich verhält es sich mit morbider 

Thematik. Auf der Suche nach dem Darunter öffnen sich die Oberflächen.

Aus jeder kontinuierlichen Arbeit erwächst manchmal die Gefahr der 
Routiniertheit, das Wissen darum, was einem leicht fällt. Oft verfluche ich

diese ärgerlichen Bedachtsamkeiten dem fast fertigen Bild gegenüber, 

dieses Zaudern, den Rückzug auf allzu Bekanntes.

Doch durch friedliches Gepinsel ausreichend wütend geworden, ist der

Sprung über die berechenbare Grenze leichter.

In Sternstunden vermag ich mich selbst zu überraschen.


 
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