"Man
kann lebendigen Dingen mit dem Pinsel das Leben nehmen und leblose
Dinge mit dem Pinsel lebendig machen. Ich bevorzuge letzteres, spiele
damit, tote Situationen wachzumalen und Grauzonen mit Farbenpracht
zu
verdeutlichen." Mo Häusler
Der erste Schritt ist
immer der schwerste. Und gleichzeitig jener, der
die größte Veränderung mit sich bringt: Der erste
Schlag mit Hammer und
Meissel in einen makellosen Marmorblock. Das erste Wort auf einer
leeren
Seite. Der erste Pinselstrich über eine schneeweiße Leinwand.
Für Mo Häusler ist diese Unberührtheit allerdings
kein Grund zur Angst,
ganz im Gegenteil: Sie empfindet die spannungslose weiße Fläche
als
Zumutung. Hat das Bedürfnis, der Makellosigkeit zuerst einmal
mit
Pinsel, Griffel, Werkzeug Furchen einzupflügen und wilde Farbklekse
zu
setzen, die das lastende Weiß brechen. Um sich dann, ebenso
neugierig
wie zielstrebig, dieser nun nicht länger unschuldigen Leinwand
zu nähern
und einem neuen Bild ins Sein zu verhelfen. Neugierig, weil Leinwand
und
Farben mit ihr kommunizieren und sich jedes Bild in einem dynamischen
Prozeß, einer Art "Zwiegespräch" zwischen Kunst-Werkzeug
und Künstlerin,
entwickelt, wobei es durchaus vorkommen kann, daß die Leinwand
mehrmals
gedreht und immer wieder übermalt wird. Zielstrebig, weil die
Schülerin
von Anton Lehmden zu jenen Frauen gehört, die genau wissen,
was sie
wollen. Und für Mo Häusler gab es immer nur eines: malen,
zeichnen,
kreativ sein.
FASZINATION DES ZYKLISCHEN.
Anders als die meisten Künstlerinnen hat
sich die Dreiunddreißigjährige allerdings von Anfang
an in einer
ziemlich extremen Form künstlerisch geäußert. Ihre
Bilder, so
Museumskurator Dr. Dieter Schrage, sind immer "zwischen Eros und
Thantalos angesiedelt und umkreisen thematisch die Bereiche des
Morbiden
und Exzessiven". Und auch Péter Komlós, der für
die Kunstzeitschrift
"Vernissage" ein Kurzportrait von Häusler zeichnete, konstatiert
bei ihr
eine Lust am Brüchigen, Verfallenen, an Tod und Sexualität.
Trotzdem -
oder gerade deswegen - gehen die Bilder unter die Haut. "Letztendlich",
so Komlós, "sind Häuslers Bilder weder abschreckend
noch pornographisch
noch sonst schockierend. Mit höchster Sensibilität und
umso zwingender
schleichen sich die Aussagen über feinste Nervenbahnen in den
Betrachter
ein, ohne die Trassen der Sinne merklich zu reizen, um sich in der
Halbwelt des Gemütes nachhaltig einzunisten."
Mo Häusler selbst steht voll und ganz hinter diesen Beschreibungen
ihres
Oeuvres. Idyllischem traut sie ebensowenig wie allzu Naturalistischem.
Da setzt sie lieber ein paar kräftige Striche, die oft wie
Knochen
wirken und eine ganz eigene Struktur auf die Leinwand bringen. Oder
sie
malt, wie schon seit ihrer Akademiezeit, blanke Ziegenschädel
- mal
filigran und vielschichtig, mal markant und massiv. In jedem Fall
aber
mit "todsicherem Strich und einer Souveränität und Professionalität,
die
Häuslers jungendliches Alter nicht vermuten läßt",
wie Dr. Georg Kahlig
anläßlich ihrer Schlußausstellung an der Akademie
am Schillerplatz
schrieb.
Mit Lust an der Zerstörung oder gar einem Todestrieb hat Häuslers
Spiel
mit den morbiden Seiten des Lebens allerdings nichts zu tun. "Einerseits
bin ich neugierig auf das, was im wahrsten Sinn des Wortes unter
die
Haut geht und unter der Haut liegt. Andererseits fasziniert mich
alles
Zyklische, dieser Prozeß des Werden und Vergehens - daß
etwas stirbt und
verwest und erst dadurch die Basis dafür bildet, daß
anderes entstehen
kann. Das ist ja beim Malen nicht anders - da entwickeln sich
irgendwelche Bilder, und dann verwerfe ich sie wieder, übermale
das
Alte, damit auf diesem Boden neue Ideen und auch neue Strukturen
entstehen können."
JANUSKOPF. Doch
es gibt auch eine ganz andere Seite der Monika
Häusler, ein zweites Gesicht auf ihrem Januskopf. Es ist in
ihren
Aktzeichnungen zu finden, die lebendige, selbstbewußte Frauen
zeigen.
Und in ihren Skulpturen, Collagen und Rauminstallationen, die leicht
wirken und zerbrechlich. Im Vorjahr hat sie im Rahmen eines einmonatigen
Sommersymposiums im Heizhaus-Stammersdorf unter dem Motto "Kreation
im
Prozess" faszinierende Objekte aus Papier und "objects trouvées"
wie
Blüten und Federn, Metallteile und Knochenelemente geschaffen,
deren
Umrisse im Gegenlicht silhouettenhaft und gleichsam schwebend
hervortreten. Seither sammelt sie Schönes und weniger Schönes,
um es zu
konservieren, und füllt damit ihr lichtdurchflutetes Atelier.
Dort ist sie täglich zu finden, denn Malen ist bei ihr mittlerweile
eine
Sucht: "Ich muß mich zwingen, Dinge zu erledigen, die nichts
mit der
Malerei zu tun haben. Ins Atelier treibt es mich, da zieht es mich
hin.
Die Weichen stellen sich schon an der Akademie - da gibt es Leute,
die
malen gut und gerne, aber nicht manisch. Und dann gibt es andere,
die
werden nach dem Malen süchtig, die müssen einfach malen,
weil sie so
voll von Ideen sind. Ich versuche immer wieder, das perfekte Bild
hinzukriegen,
aber bei jeder Ausstellung habe ich das Gefühl, daßmeine
besten Bilder
noch gar nicht gemacht sind, daß da noch so viel Mögliches
in meinem Kopf
und in meinen Händen ist, was heraus muß."
Wie süchtig Häusler nach Leinwand, Pinsel und Farbe ist,
belegt der
Umfang ihres Oeuvres: Allein die Gallerie Reifenstein am Wiener
Spittelberg hat 450 ihrer Ölbilder im Galeriebestand, und glaubt
man Georg Kahlig,
der fest davon überzeugt ist, daß "die Kunstgeschichte
dieses fin de siécles
mit Sicherheit nicht an Monika Häusler vorbeikann", dann wird
es in
Zukunft schlicht zum guten Ton gehören, eine "echte Häusler"
an der Wand
hängen zu haben.
ROTER FADEN. Das
nächste große Projekt ist jedenfalls schon im
Laufen: Im Herbst ist eine umfangreiche Einzelausstellung im
Afroasiatischen Insitut unter dem Thema "Frauen Wesen"
geplant. Häusler verwehrt sich allerdings vehement dagegen,
daß ihre Bilder als
"Frauenkunst" vermarktet werden: "Der Begriff Frauenkunst ist für
mich
nur eine Ausrede, daß Männer sich das weder ansehen noch
sich damit
auseinandersetzen müssen. Das ist noch schlimmer als Frauenliteratur,
weil die zum Teil wirklich für Frauen geschrieben wird. Aber
ich male
für alle und will auch von allen ernst genommen werden."
Den Vorwurf fehlenden weiblichen Einfühlungsvermögens
oder mangelnden
Einsatzes für die feministische Sache nimmt sie gelassen hin.
Über die
Jahre hat sich abseits der zeitgeistigen Szene ein Kreis von
Kunstkennern und Kunstkäufern gefunden, die Monika Häusler
gerade
deswegen schätzen, weil ihre Malerei nicht vordergründig
feministisch
ist, sondern in ihrer suggestiven Expressivität ebenso unabhängig
wie
eigenständig. Und das wird aller Voraussicht nach auch in den
kommenden
Jahren so bleiben. Denn die Themen, die sich wie ein roter Faden
durch
Häuslers Werk ziehen, sind noch lange nicht ausgereizt.
|
|