START LEBENSLAUF  WERKE FOTOS KONTAKT


 
 
Zwischen Eros und Thanatos
Text von Ursula Krebs für das ARWAG News Magazin Nr.13, Juni 2000

 
"Man kann lebendigen Dingen mit dem Pinsel das Leben nehmen und leblose
Dinge mit dem Pinsel lebendig machen. Ich bevorzuge letzteres, spiele

damit, tote Situationen wachzumalen und Grauzonen mit Farbenpracht zu

verdeutlichen." Mo Häusler

Der erste Schritt ist immer der schwerste. Und gleichzeitig jener, der
die größte Veränderung mit sich bringt: Der erste Schlag mit Hammer und

Meissel in einen makellosen Marmorblock. Das erste Wort auf einer leeren

Seite. Der erste Pinselstrich über eine schneeweiße Leinwand.

Für Mo Häusler ist diese Unberührtheit allerdings kein Grund zur Angst,

ganz im Gegenteil: Sie empfindet die spannungslose weiße Fläche als

Zumutung. Hat das Bedürfnis, der Makellosigkeit zuerst einmal mit

Pinsel, Griffel, Werkzeug Furchen einzupflügen und wilde Farbklekse zu

setzen, die das lastende Weiß brechen. Um sich dann, ebenso neugierig

wie zielstrebig, dieser nun nicht länger unschuldigen Leinwand zu nähern

und einem neuen Bild ins Sein zu verhelfen. Neugierig, weil Leinwand und

Farben mit ihr kommunizieren und sich jedes Bild in einem dynamischen

Prozeß, einer Art "Zwiegespräch" zwischen Kunst-Werkzeug und Künstlerin,

entwickelt, wobei es durchaus vorkommen kann, daß die Leinwand mehrmals

gedreht und immer wieder übermalt wird. Zielstrebig, weil die Schülerin

von Anton Lehmden zu jenen Frauen gehört, die genau wissen, was sie

wollen. Und für Mo Häusler gab es immer nur eines: malen, zeichnen,

kreativ sein.

FASZINATION DES ZYKLISCHEN. Anders als die meisten Künstlerinnen hat
sich die Dreiunddreißigjährige allerdings von Anfang an in einer

ziemlich extremen Form künstlerisch geäußert. Ihre Bilder, so

Museumskurator Dr. Dieter Schrage, sind immer "zwischen Eros und

Thantalos angesiedelt und umkreisen thematisch die Bereiche des Morbiden

und Exzessiven". Und auch Péter Komlós, der für die Kunstzeitschrift

"Vernissage" ein Kurzportrait von Häusler zeichnete, konstatiert bei ihr

eine Lust am Brüchigen, Verfallenen, an Tod und Sexualität. Trotzdem -

oder gerade deswegen - gehen die Bilder unter die Haut. "Letztendlich",

so Komlós, "sind Häuslers Bilder weder abschreckend noch pornographisch

noch sonst schockierend. Mit höchster Sensibilität und umso zwingender

schleichen sich die Aussagen über feinste Nervenbahnen in den Betrachter

ein, ohne die Trassen der Sinne merklich zu reizen, um sich in der

Halbwelt des Gemütes nachhaltig einzunisten."

Mo Häusler selbst steht voll und ganz hinter diesen Beschreibungen ihres

Oeuvres. Idyllischem traut sie ebensowenig wie allzu Naturalistischem.

Da setzt sie lieber ein paar kräftige Striche, die oft wie Knochen

wirken und eine ganz eigene Struktur auf die Leinwand bringen. Oder sie

malt, wie schon seit ihrer Akademiezeit, blanke Ziegenschädel - mal

filigran und vielschichtig, mal markant und massiv. In jedem Fall aber

mit "todsicherem Strich und einer Souveränität und Professionalität, die

Häuslers jungendliches Alter nicht vermuten läßt", wie Dr. Georg Kahlig

anläßlich ihrer Schlußausstellung an der Akademie am Schillerplatz

schrieb.

Mit Lust an der Zerstörung oder gar einem Todestrieb hat Häuslers Spiel

mit den morbiden Seiten des Lebens allerdings nichts zu tun. "Einerseits

bin ich neugierig auf das, was im wahrsten Sinn des Wortes unter die

Haut geht und unter der Haut liegt. Andererseits fasziniert mich alles

Zyklische, dieser Prozeß des Werden und Vergehens - daß etwas stirbt und

verwest und erst dadurch die Basis dafür bildet, daß anderes entstehen

kann. Das ist ja beim Malen nicht anders - da entwickeln sich

irgendwelche Bilder, und dann verwerfe ich sie wieder, übermale das

Alte, damit auf diesem Boden neue Ideen und auch neue Strukturen

entstehen können."

JANUSKOPF. Doch es gibt auch eine ganz andere Seite der Monika
Häusler, ein zweites Gesicht auf ihrem Januskopf. Es ist in ihren

Aktzeichnungen zu finden, die lebendige, selbstbewußte Frauen zeigen.

Und in ihren Skulpturen, Collagen und Rauminstallationen, die leicht

wirken und zerbrechlich. Im Vorjahr hat sie im Rahmen eines einmonatigen

Sommersymposiums im Heizhaus-Stammersdorf unter dem Motto "Kreation im

Prozess" faszinierende Objekte aus Papier und "objects trouvées" wie

Blüten und Federn, Metallteile und Knochenelemente geschaffen, deren

Umrisse im Gegenlicht silhouettenhaft und gleichsam schwebend

hervortreten. Seither sammelt sie Schönes und weniger Schönes, um es zu

konservieren, und füllt damit ihr lichtdurchflutetes Atelier.

Dort ist sie täglich zu finden, denn Malen ist bei ihr mittlerweile eine

Sucht: "Ich muß mich zwingen, Dinge zu erledigen, die nichts mit der

Malerei zu tun haben. Ins Atelier treibt es mich, da zieht es mich hin.

Die Weichen stellen sich schon an der Akademie - da gibt es Leute, die

malen gut und gerne, aber nicht manisch. Und dann gibt es andere, die

werden nach dem Malen süchtig, die müssen einfach malen, weil sie so

voll von Ideen sind. Ich versuche immer wieder, das perfekte Bild hinzukriegen, 

aber bei jeder Ausstellung habe ich das Gefühl, daßmeine besten Bilder 

noch gar nicht gemacht sind, daß da noch so viel Mögliches in meinem Kopf 

und in meinen Händen ist, was heraus muß."

Wie süchtig Häusler nach Leinwand, Pinsel und Farbe ist, belegt der

Umfang ihres Oeuvres: Allein die Gallerie Reifenstein am Wiener

Spittelberg hat 450 ihrer Ölbilder im Galeriebestand, und glaubt man Georg Kahlig,

der fest davon überzeugt ist, daß "die Kunstgeschichte dieses fin de siécles

mit Sicherheit nicht an Monika Häusler vorbeikann", dann wird es in

Zukunft schlicht zum guten Ton gehören, eine "echte Häusler" an der Wand

hängen zu haben.

ROTER FADEN. Das nächste große Projekt ist jedenfalls schon im
Laufen: Im Herbst ist eine umfangreiche Einzelausstellung im

Afroasiatischen Insitut unter dem Thema "Frauen Wesen"

geplant. Häusler verwehrt sich allerdings vehement dagegen, daß ihre Bilder als

"Frauenkunst" vermarktet werden: "Der Begriff Frauenkunst ist für mich

nur eine Ausrede, daß Männer sich das weder ansehen noch sich damit

auseinandersetzen müssen. Das ist noch schlimmer als Frauenliteratur,

weil die zum Teil wirklich für Frauen geschrieben wird. Aber ich male

für alle und will auch von allen ernst genommen werden."

Den Vorwurf fehlenden weiblichen Einfühlungsvermögens oder mangelnden

Einsatzes für die feministische Sache nimmt sie gelassen hin. Über die

Jahre hat sich abseits der zeitgeistigen Szene ein Kreis von

Kunstkennern und Kunstkäufern gefunden, die Monika Häusler gerade

deswegen schätzen, weil ihre Malerei nicht vordergründig feministisch

ist, sondern in ihrer suggestiven Expressivität ebenso unabhängig wie

eigenständig. Und das wird aller Voraussicht nach auch in den kommenden

Jahren so bleiben. Denn die Themen, die sich wie ein roter Faden durch

Häuslers Werk ziehen, sind noch lange nicht ausgereizt.

 

zum Seitenanfang     andere Texte